Eine Maggiflasche steht im Küchenregal unserer WG. Mittendrin unter allerlei Geschenktem, Dagelassenem, Überlassenem – so auch das Maggi aus einer anderen Zeit. Alt, aber immer noch gut, seit
Jahrzehnten geliebt, gewohnt, geschätzt für seinen gleich bleibenden Geschmack, immer und überall verfügbar.
Wir sind junge Leute, die sich zusammengetan haben - zum Wohnen, Leben, unseren Weg finden. Wir kochen gerne asiatisch: Das geht schnell, ist einfach und modern. Doch etwas stört heute. Der
Geschmack vom Maggi passt nicht ganz. „Aber Maggi ist doch aus Soja hergestellt, oder?“ fragt Gerald. Trotzdem schmeckt’s wie bei Oma und ganz und gar nicht asiatisch. Also weg damit und her mit
einer Asia-Sushisauce aus dem Chinaladen.
Das Essen schmeckt, die Runde kommt ins Diskutieren. Was hat man nicht schon alles gehört, gelesen, gesehen über Soja? Regenwaldabholzung in Brasilien, Vertreibung von Indigenen, Klimaerwärmung!
Und dann Asien überhaupt: Da möchten einige von uns gerne hinreisen! „Aber was ist mit den Menschenrechten dort?“ wirft Eva in die Runde. „Warum kaufen wir EuropäerInnen in Brasilien angebautes
und in China verarbeitetes Soja? Was ist mit der CO2-Belastung? Was sagen die Chinesen dazu, dass sie für unsere billige Nahrung ausgebeutet werden? Schmeckt euch dieses Essen, zubereitet mit
dieser Sojasauce eigentlich noch?“
Wir diskutieren noch eine Weile, verlieren uns wieder in unserer Jugend, lassen den Abend unbeschwert ausklingen. Aber etwas bleibt zurück, ein Gedanke, ein Zweifel, eine Erkenntnis vielleicht.
Ist schön wirklich schön, gut wirklich gut? Müssen wir uns damit belasten? Können wir daran etwas ändern?
Einer der KöchInnen macht sich auf die Suche und wird fündig. Regionales Soja, eine Produktion mit guten Arbeitsbedingungen, bio ist es auch noch. Das nächste Dinner macht alle zufrieden und wir
haben erfahren, dass wir nicht nur die exotischen Geschmäcker mögen, sondern auch die Menschen, die dahinter stehen.
Die gute alte Maggiflasche hat vielleicht nicht für alle ausgedient, aber zeitgemäß ist sie nicht mehr! Sie darf, geschätzt für ihre langjährigen Dienste, in Pension gehen.
Dieser Text wurde von Alexandra Adler im Zuge eines Storytelling-Seminars von Bettina Fürlinger erstellt.
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