Zwei Herzen schlagen. In mir, im Raum, in Wirklichkeit. Du schläfst ganz friedlich, mein Sohn. Die Luft ist mollig weich, wie in Zuckerwatte gepackt. Der Raum ist still, kein Laut ist zu hören.
Der Trubel der Welt, die Sorgen und Ängste, sie bleiben draußen vor der Tür. Dein Herz schlägt ganz ruhig. Ich bin bei Dir, knie vor Deinem Bett, lege meinen Kopf neben Deinen. So zerbrechlich,
so filigran wirkst Du. Und doch bist Du stark.
In diesem Moment steht die Zeit still.
Fragen keimen auf: Kann ich die Welt für Dich erhalten? Kann ich sie ein Stück weit besser machen? Was soll, ja was muss ich Dir mitgeben, damit Du ein gutes Leben hast? Mache ich genug? Ich weiß
es nicht. Ich bemühe mich jeden Tag. Mal geht’s besser, mal schlechter, mal mehr, mal weniger. Aber eines weiß ich genau: trotz aller Widerstände und Skepsis mache ich weiter. Muss ich
weitermachen. Ich habe hingeschaut und kann jetzt nicht mehr wegschauen. In diesen Momenten der Ruhe und Geborgenheit schöpfe ich Kraft für den nächsten Tag.
Manchmal wache ich auf und es dominiert die Angst, der Frust und die Verzweiflung. Manchmal ist da auch Wut – auf jene, die noch immer die Fakten leugnen. Und auf mich, weil ich sie scheinbar
nicht erreiche mit meinem Wissen, meiner Überzeugung, meinen Wünschen. Aber was erwarte ich?
Veränderung.
Ich habe einiges verändert in meinem Leben. Auto verkauft, Fernseher raus, Büchereikarte gelöst, Kleiderkasten ausgemistet. Auf alles will ich nicht verzichten, muss ich auch nicht. Weniger ist
mehr. Weniger Auto ist mehr Zug ist mehr Zeit. Für Dich. Für Deine Mutter, meine Frau. Für uns als Familie. Zeit zum Lesen, zum Nachdenken, zum Seele baumeln lassen. Innehalten in dieser
hektischen Welt des Größer, Schneller, Lauter, Mehr. In diesen Momenten brauche ich das alles nicht, dann BIN ich. Ich liebe Dich, mein Sohn. Du bist das „Wunder Leben“.
Ich mache weiter. Für Dich und Deine Freunde. Für alle Kinder. Ihr verankert uns in Zeit und Raum. Wir gehen mit Hoffnung schlafen und erwachen voller Zuversicht und Tatendrang. So vieles ist da
draußen in guter Veränderung. Hunderte, tausende Menschen mit Ideen machen mir Mut. Manchmal ist es schwer. Ich baue trotzdem weiter Brücken.
Dieser Text wurde von Michael Bauer-Leeb im Zuge eines Storytelling-Seminars von Bettina Fürlinger erstellt.
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