Die CSR-Lüge - eine Entgegnung (Update)

Cover, Industriemagazin, Ausgabe 9/2015
Cover der Ausgabe Nr. 09 vom Sept. 2015

Eine im Juni 2015 erschienene Studie zeigt im Gegensatz zu anderen Studien auf, dass Unternehmen durch CSR keine höheren Gewinne erwirtschaften. Dies nimmt der Industrieverlag zum Anlass, in einer Coverstory samt Kommentar und „Report“ einen Rundumschlag gegen CSR im Allgemeinen, eine „CSR-Industrie“ und NGOs („...privat finanzierte und selbst reichlich unkontrollierte Anständigkeits-Guerilla“) zu landen.

 

Unter dem Titel „Die CSR-Lüge“ wird nicht – wie die Idee zu besagter Studie nahelegt – der Wissenschaftsbetrieb kritisch hinterfragt, sondern Unternehmen von ihrer Verantwortung für ihr eigenes Tun freigewaschen. Diese Entgegnung ging in gekürzter Form auch als Leserbrief an die Redaktion.

Entgegnung zur Coverstory „Die CSR-Lüge“, Ausgabe 09/2015

Mit größter Verwunderung haben wir unlängst die tendenziöse Coverstory des Industriemagazins gelesen und fragen uns seither, was die Redakteure damit zum Ausdruck bringen wollen?


Denn eigentlich zielt Katja Rosts Kritik im Kern auf den wissenschaftlichen Betrieb und deren Verlage. Und inhaltlich ist nur das Thema des finanziellen Mehrwerts von CSR Gegenstand ihrer Forschung. Viele andere
Faktoren im Zusammenhang mit CSR, z.B. Risikominimierung, bessere Mitarbeitergesundheit,
weniger Fluktuation, bleiben unbestritten. Dazu hat Frau Rost auch gar nicht geforscht, wie sie uns auf Anfrage mitgeteilt hat.

 

Das ist den Autoren aber herzlich egal - ihre Botschaft ist klar: wer als Unternehmen CSR betreibt, ist am Ende des Tages der Dumme. Und ganz nebenbei verunglimpft der Artikel auch gleich NGOs und eine angebliche CSR-Industrie. Hauptsächlich jedoch wird Moral mit Ethik verwechselt und ethisches Management als ideologisch und moralinsauer abgestempelt. Dabei stellt sich die Frage, ob Milton Friedmans Credo der ausschließlichen Gewinnorientierung nicht auch ein zutiefst ideologisches ist?


Schon der Untertitel der Story vermittelt „besser“ als gleichbedeutend mit „finanziell erfolgreicher“. Die durchgängige Wortwahl – von Lüge und ideologielastig bis Moralwächter, Schwarzer Peter und Anständigkeits-Kontrolle – zeugt nicht von journalistischer Objektivität.


Einem Nicht-Verständnis von CSR ist es zu verdanken, dass unternehmerische Verantwortung immer noch einen (zum Teil berechtigten) schlechten Ruf hat, und zwar dann, wenn es zuweilen benutzt wird, um nicht-nachhaltige (im Sinne der Brundtland-Kommission) Geschäfte zu behübschen. Statt dessen entspricht es dem modernen Verständnis von seriöser und strategischer CSR, entlang des Kerngeschäftes schädliche Auswirkungen zu minimieren, ja sogar positive Auswirkungen für Umwelt und Gesellschaft zu generieren – dies sind auch die wirtschaftlichen Chancen der Zukunft: im Sozialen liegt das größte Wachstumspotential. Die Grenzen des Wachstums im Materiellen sind bald erreicht, begrenzte Ressourcen sind eine Tatsache, die ein Fachmagazin seiner Leserschaft vermitteln statt verschleiern sollte.


Im Artikel wird Ideologie als Programm im Forschungsfeld gesellschaftlicher Verantwortung unterstellt – aber übersehen, dass diese mittlerweile als Managementstrategie Einzug gehalten hat: nicht um kurzfristige Gewinne zu erzielen oder zu erhöhen, sondern um langfristig den Unternehmensbestand zu gewährleisten. Unternehmen sind sowohl Mitverursacher globaler Herausforderungen (Klimawandel, soziale Ungleichheit, Migrations-bewegungen, etc.) als auch Betroffene. Es ist also vorausschauend, auch eigene Lösungsansätze zu entwickeln.

 

Die grundlegende Frage ist doch: WIE mache ich meinen Profit? Und nicht: Welchen Profit bringt CSR?

Wir verwehren uns außerdem entschieden gegen die Unterstellung der Autoren, wir als CSR-BeraterInnen (und damit Teil der kritisierten CSR-Industrie) würden von Unternehmen die Rettung der Welt verlangen. Das tun wir nicht. Jedoch erwarten wir – als BürgerInnen und als Wirtschaftstreibende – von Unternehmen, für ihr Wirken und Handeln umfassend Verantwortung zu übernehmen. Die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen sind hierfür leider noch unzureichend, da wesentliche gesellschaftliche und ökologische Faktoren unberücksichtigt bleiben. CSR ist eine Möglichkeit, dieser Verantwortung über eine rein gesetzliche Pflicht hinaus gerecht zu werden.

Frau Rost stellte in ihrer e-Mail an uns übrigens auch noch fest:„[...] immerhin bringt CSR keine Verluste mit sich. Das ist zunächst mehr als CSR-Gegner wie Milton Friedman erwarten würden, die nur von Kosten, aber keinen Gewinnen ausgehen. [...] Insofern finde ich, [dass] das Ergebnis weiterhin ein sehr positives ist: CSR kostet den Shareholder keinen Cent (aber bringt auch keinen zusätzlichen). Das entspricht übrigens auch der Theorie zum strategischen CSR. [...] Unsere Studie und andere Studien zeigen allerdings recht eindeutig, dass First-Mover Unternehmen von CSR stark profitieren [...]“.

Alexandra Adler & Michael Bauer-Leeb
Weitsicht – Büro für zukunftsfähige Wirtschaft


UPDATE - unsere Kolleginnen vom Center for Responsible Management haben ebenfalls eine Replik verfasst.

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